Is des net die Polizei?!
Assoziationen zu diesem Lied: irrer Spaß, das Gefühl von Verbotenem und Ungeheuerlichem.
Für diejenigen, die das Lied nicht kennen, die Strophe lautet: Is des net die Polizei, is do net a Depp dabei? Gehört und gesungen habe ich das Lied das erste Mal, als wir auf der Fahrt ins Skilager waren. 9. Klasse Mädchengymnasium, Klosterschule! 30 brave Klosterschülermädchen, von denen 29 den Busfahrer anhimmeln, weil er das einzige männliche Wesen ist, das sich in greifbarer Nähe befindet, fahren in Begleitung von 2 Klosterschwestern gesittet in Richtung Kitzbühel. Unser rettendes Glück besteht aus einer Schülerin, die kurz vor dem Skilager aus einer anderen – normalen- Schule zu uns gewechselt ist.
Greift die doch, ohne mit der Wimper zu zucken, zum Mikrophon und fängt an zu singen: „Is des net des Haus der Kunst, ham ma do net anebrunst? Is des net de Donaubruckn, kann ma do net owespucken?“
Die Reaktion war enorm: erst erstarren sämtliche Schülerinnen, dann ein geschlossener Blick zu den Klosterschwestern, die vor Schreck selbst erstarrt sind. Und das war deren Fehler! Wären sie nämlich nicht erstarrt, hätten wir diesen Augenblick nicht genutzt und wären nicht lauthals in den Refrain miteingefallen: „Oh, du schene Howehowebank, gestern ham ma gsuffa, heit san ma krank!“ Und da war’s dann für die Autorität zu spät.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass dies damals wirklich ein Schlüsselereignis war. Von dem Moment an haben wir gespürt, da ist noch was anderes. Außerhalb der Klostermauern gibt es außer dem männlichen Geschlecht auch noch anderen enormen Spaß.
Und trotzdem hat man kein gutes Gefühl, wenn man die Polizei verarscht. Ich habe ja da so meine eigenen Erfahrungen. Wären da nicht etliche polizeifreie Jahre dabei, würde ich sagen, meine Polizeikontakte sind eine Folge des Mitsingens dieses Liedes. So nach dem Motto „Ursache und Wirkung“. Aber irgendwie will ich nicht glauben, dass die Wirkung erst 20 Jahre später eintritt. Das wäre ja furchtbar, was käme denn da noch alles auf mich zu!
Auf jeden Fall begann alles so vor ungefähr zwei Jahren, als wir bei Freunden zu einer Geburtstagsfeier eingeladen waren. Wir fuhren so kurz nach Mitternacht nach Hause, natürlich ich am Steuer, weil ich nie was trinke. Ich fahre da mit so 60 dahin, bling! Ein kleines Foto mitten in der Nacht am Stadtrand, ist das nicht gemein? Na ja, kommt eben ein Bußgeld, kann man nicht ändern.
Tags darauf habe ich meinen Kindern versprochen, dass ich sie von einer Fete um 0.30 Uhr abhole. Ich, mit dem komischen Gefühl von Tags zuvor im Bauch, nicht wie üblich in Schlafanzughose, sondern rein in die Jeans und mit Führerschein gewappnet ab ins Auto.
Die Bundesstraße entlang, höchstzulässige Geschwindigkeit hier 80 km/h. Denk mir: „Bin ein bisschen müde und will heute nicht wieder geblitzt werden!“ Deshalb fahre ich mit so 60 dahin. Hinter mir ein Auto, sonst weit und breit nichts zu sehen. „Der kann ja überholen, wenn er schneller will!“ Dann ein Blick in den Rückspiegel. „Sehe ich da richtig, da blinkt etwas auf dem Auto!“ Das Fahrzeug gehört der Polizei und da steht oben: Bitte halten!
Ich in die nächste Bucht, kurble das Fenster runter. „Fahrzeugpapiere bitte!“ Ich denke nur, das gibt es doch nicht! Der Polizist prüft die Papiere und sagt dann in einem wirklich so blödem Ton: „Ja, liebe Frau, auf der Bundesstraße 60 fahren, ist das nicht ein bisschen zu langsam? Haben Sie was getrunken?!“ Blitzschnell geht es mir durch den Kopf, ob ich jetzt sagen muss, dass ich zum Abendessen einen Schuss Rotwein in den schwarzen Tee gegeben habe. Ich komme mir vor wie ein Schwerverbrecher und sag: „Ich kann Ihnen genau sagen, warum ich heute so langsam fahre, weil ich nämlich gestern geblitzt worden bin und darum wollte ich heute ein bisschen vorsichtiger sein!“ Ich erkläre ihm dann noch reumütig, wo ich denn hinwolle. Der Ordnungshüter gibt mir meine Papiere zurück und sagt lächelnd: „Ja, dann fahren Sie halt weiter und passen’s auf, dass Sie nicht wieder gestoppt werden.“ Ich sag zitternd „Aufwiedersehen“, denk mir aber „so ein Arsch“, will warten, bis die Polizei wegfährt. Sie fährt aber nicht weg, sie wartet, bis ich fahre und schwupps mir hinterdrein. Mein Hirn spielt verrückt, ich fühle mich verfolgt, weiß auf der nächsten Brücke nicht mehr, muss ich, darf ich, kann ich da 50 fahren oder ist das zu wenig oder zu viel. Sie verfolgen mich wirklich, bis ich die Kinder im absoluten Halteverbot (jetzt ist auch schon alles egal!) einsteigen lasse. Aufgeregt fahre ich nach Hause und denk, das war ja wirklich der Hammer.
Die nächsten Tage mache ich mir so meine Gedanken, warum man sich immer wie ein Krimineller vorkommt angesichts eines Polizisten. Ich bin doch eine brave Frau, die keiner Fliege was zu Leide tut. Zum Gespött aller Freunde bin ich natürlich auch geworden und jedes Mal, wenn ich meinen Mann ermahne, er fahre zu schnell, heißt es: „Wer ist hier unser Verkehrsrowdy?“
Es brauchte ein bisschen Zeit, bis ich mich von diesem Erlebnis erholte. Ein paar Wochen später, es war in der Osterzeit, hörten wir uns in einer Westernstadt ein Konzert an und fuhren wiederum nach Mitternacht nach Hause. An einem Ortsende, ach je du Schreck, die Polizei winkt mit einem Stoppschildchen! Ich halte an, zwei Polizisten, jünger als die Polizei erlaubt, verlangen meine Papiere. Sie machen Witze über unseren Smart: „Hahaha, ein fahrendes Osterei!“ Mir ist überhaupt nicht zum Lachen. Die Jungs amüsieren sich weiter: „Hauptsache sie ecken nicht an, hahahhaha!“ Papiere sind natürlich in Ordnung und ich stinke nicht nach Alkohol, also dürfte ich weiterfahren. Wenn ich nur könnte, ich weiß nicht mehr, wo ich das Licht anschalten muss, kann nicht einmal mehr das Auto starten. Schon wieder das erbärmliche Gefühl von Unterordnung. Und dies bei Männchen, die meine Kinder sein könnten. Ich denke nur, die meinen, ich kann nicht Autofahren und krieg doch noch nach Sekunden, die mir wie Stunden vorkommen, das Osterei zum Fahren.Ich glaube es einfach nicht, warum haben es die auf mich abgesehen? Haben die sich damals das Foto ausgedruckt und suchen jetzt täglich nach Mitternacht nach mir? Das gibt es doch nicht. Ich denke, das wird jetzt für die nächsten10 Jahre reichen, weil die Wahrscheinlichkeit doch sehr gering ist, dass ich nochmals an die Reihe komme. Denkste!
Wiederum Geburtstagsfeier mit den gleichen Freunden. Ich werde aufgefordert, doch auch ein Gläschen mitzutrinken. Ich entschieden dagegen, weil ich wahrscheinlich sowieso wieder Kontakt mit der Polizei haben werde. Wir amüsieren uns über meine Polizeibegegnungen und fahren, wiederum mit dem Smart, nach Hause. Da die Freunde so direkt neben einer Autobahnraststätte wohnen und der Weg über deren Zufahrtsstraße zu uns nach Hause so viel kürzer ist als außen herum, fahre ich da nach vorheriger Rücksicherung bei meinem Mann, ob ich das auch wirklich wagen soll, die verbotene Straße. Alles klar, keine Polizei weit und breit. Auf die Autobahn, über die Autobahnbrücke und gleich die nächste Ausfahrt runter.
N e i n, ich kann es einfach nicht glauben, ein Riesenaufgebot an Polizei. Nicht etwa zwei kleine Männchen mit einem kleinen Stoppschildchen. Ein Fahrzeug, das aussieht, wie ein Gefangenentransporter, Blaulicht, Männer in so komischen Anzügen, sieht eher nach Sondereinsatzkommando aus. Ich sehe mich schon mit Handschellen, nur weil ich dieses Zufahrtssträßchen gefahren bin. Die können mich doch gar nicht gesehen haben, weil da ein Wald dazwischen ist?! Ich spüre schon wieder dieses komische Gefühl! War ich in einem früheren Leben vielleicht nicht so brav?! Ich weiß nicht einmal, ob die wollen, dass ich anhalte, ich tue es aber vorsichtshalber einmal. Ich runter mit dem Fenster. Das Licht einer Taschenlampe trifft mich voll im Gesicht. Ich denke mir: „So ein Idiot, wie soll ich denn da was sehen?“ Der Polizist sieht mich natürlich trotzdem und sagt: „Alles ok, sie können weiterfahren!“ Ich denke mir, was soll denn das, heißt das, meine Visage ist ok? Oder, was ist sonst ok?! Bin aber trotzdem beruhigt, dass alles ok ist, denk mir nur, wieso kommt mir das so bekannt vor, das alles ok in Verbindung mit Polizist.
Am nächsten Tag beim Frühstück war der Spaß natürlich perfekt. In der Zeitung stand, dass die Polizei auf der Suche nach jungen Skinheads war, die irgendwo geheim ein Konzert geben wollten. Der Kommentar: „Die haben junge Leute gesucht, da war natürlich gleich alles ok, als sie dich angeleuchtet haben.“ Hahaha! Auch wenn ich jünger wäre, wäre ich doch wohl kein Skinhead! Hat da irgendwer übersehen, dass ich Haare wie ein Löwe mit mir herumtrage. Oder dass in einen Smart gar kein Skinhead, geschweige denn ein Instrument hineinpasst.
Mir geht durch den Kopf, dass das Leben manchmal schon ungerecht ist. Genau an der gleichen Autobahnausfahrt ist mein Mann vor Jahren mit 120 km/h in die Kurve reingefahren, da wir 3 Stunden von Wien nur Autobahn gefahren sind. Er war selbst so erschrocken, dass er sich selbst mit beiden Händen an der Autotüre eingehalten hat, Gott sei Dank wohl nur eine Sekunde. War da irgendwo die Polizei?! Nein, natürlich nicht!
Doch letztens ist er in einer 30er Zone 40 gefahren und wurde sodann auch gleich von einem Polizisten angehalten. Der prüft die Papiere, mein Mann ganz reuig: „Ich weiß, ich bin zu schnell gewesen!“ Der Polizist ein Blick auf den Führerschein. „Ah, Sie sind von Neureuth!
Sind sie einverstanden mit einer kostenlosen Verwarnung?!“ „Is des net die Polizei, desmoi war koa Depp dabei!“
Übrigens ist mir später eingefallen, woher ich das ok in Verbindung mit einem Polizisten so dejavu-mäßig gefunden habe. Da gibt es so einen blöden Witz: Welche Sportarten muss ein Betrunkener aufsagen, wenn er von der Polizei angehalten wird? Eishockey und Kanufahren (übersetzt: alles ok, kann noch fahren!). Hahaha, soll ich das nun lustig finden?!
Auch bin ich zwischenzeitlich darüber aufgeklärt worden, dass durch Beleuchten der Augen mit der Taschenlampe die Polizei erkennt, ob man unter Drogen steht. Dann könnten die aber doch vorher sagen: „Achtung, ich leuchte Ihnen jetzt in die Augen!“ Oder haben die Angst, dass dann die Drogen aus den Augen verschwinden?!
Aber soll ich euch was verraten?! Irgendwann vor Jahren kam ich auch einmal in eine Polizeikontrolle. Ich halte aber nicht gleich neben der Polizei, sondern fahre ein paar Meter weiter, weil ich nämlich nicht angeschnallt bin. Der Polizist sieht mich also von hinten. Ich mache die Handbewegung des Abschnallens und alles war ok.
Is des net die Polizei, war do doch a Depp dabei!?
Anna sagt:
Die Geschichte ist wirklich lustig. 🙂
Würde mich über einen Teil 2 mit deinen späteren Polizeierfahrungen sehr freuen!
9. Juli 2011 — 22:10