Achtung ansteckend!
Es gibt eine neue Krankheit in unserer Stadt. Sie tritt auf bei Frauen über 40, ist höchst ansteckend und lähmt nahezu alle übrigen Aktivitäten. Ihr Name: Computerkurs-Syndrom. Ich habe mich mit einer Infizierten unterhalten, die urplötzlich mit dieser heimtückischen Krankheit konfrontiert wurde. Es fing damit an, dass sie das zuhausesitzende Hausfrauendasein satt hatte und auf die glorreiche Idee kam, beim Arbeitsamt vorstellig zu werden. Dort durfte sie in einer Liste ankreuzen, welcher Beruf ihr denn zusagen würde. Ihre Entscheidung: sozialer Bereich! Entscheidung des Arbeitsamts: „Das ist nichts für sie, ab in einen Computerkurs! Jetzt quält sie sich mit hunderten anderen Frauen durch Dateien, Excel, Word, sitzt im Computersmog und schüttet mittags im Bus mit sorgenverzerrtem Gesicht ihr Herz aus. Nach ein paar Wochen muss sie sich selbst um eine Praktikumsstelle bemühen, was bei der Flut von plötzlich tausender, suchender Praktikanten in einer Kleinstadt ziemlich trostlos ist. Auch der Lernerfolg lässt bei manchen Frauen zu wünschen übrig. Dame A (4 Wochen im Kurs): „Heute haben wir über juristische Personen gelernt!“ Dame B (10 Wochen Kurs!): „Ja, das sind Rechtsanwälte!“ Dame A: „Nein, oHGs, GmbHs usw.!“ Dame B: „GmbH – Gesellschaft mit beschissener Hose!“ Dame A: „Am besten wäre es, wir gründen eine eigene GmbH und arbeiten für uns, dann brauchen wir alle keine Praktikumsstelle?!“ Da frage ich mich doch, für was wir die Umschulungsgelder ausgeben!? Meine allerletzten Zweifel an der Besetzung der Computerkurse waren jedoch ausgeräumt, als eine junge Klientin mit offensichtlichem IQ einer Tomate freudig an der Bushaltestelle verkündete: „Ich schule jetzt um, Computerkurs! Ich will nicht mehr von der Stütze leben, die bescheissen immer!“ Stets an meinen Mitmenschen interessiert, erkundige ich mich, was sie denn früher gearbeitet hätte. „Ich war Lehrling für Metzgereifachverkäuferin, aber das viele Fleisch, das war nichts für mich, habe ich abgebrochen.“ Mein Blick wandert von den fettigen Haaren zu den schwarzen Fingernägeln, meine Gedanken vom Fleisch zum IQ. Da dröhnt es an meine Ohren: „Nach dem Kurs möchte ich Website-Designerin werden!“
Ja, dann viel Erfolg der angehenden Designerin, den Gesellschafterinnen mit den beschissenen Hosen, den Damen, die nach den schwarzen Fingernägeln den Computer benutzen dürfen! Da lob ich mir doch meine Stelle bei einer juristischen Person!