Dulterinnerungen
Die letzte Herbstdult am Ex. Ja, ein bisschen nachdenken sollte man da schon. Und in nur wenigen Augenblicken kommen schon die verschiedensten Erinnerungen hervor. Die Herbstdult ist fast immer die gleiche geblieben, aber ich habe mich laufend verändert.
So ganz ferne kann ich mich noch erinnern, waren der Pemperlprater, das Kinderkarussell ganz nahe am Eingang, die Schiffschaukel und das Kasperlheater enorm wichtig. Den ersteren hatten wir auch am Innkai. Das Gefühl auf einem Pferd zu sitzen (mit Geschlecht!, wie ich jetzt nach etwa 35 Jahren erst aus der Zeitung erfahren habe) und Ringe zu stechen, war großartig.
Die nächste Aera war die Kettenkarussell-Zeit. Bauchkribbelnd in den herbstlichen Himmel schweben und dabei kreischen, brachte mir alljährlich pünktlich eine Woche nach der Dult eine Mandelentzündung ein. Das hatte tatsächlich zur Folge, dass diese Dinger rausoperiert werden mussten. Das hätte ich mir jedoch sparen können, denn im Nu folgte die Teufelskarussell- und Auto-Scooter-Aera.
Richtig muss es eigentlich „Bei-den-Autoscootern-stehen-Aera“ heißen. Ich fuhr nämlich nicht damit. Es war – wie auch heute noch – ein Treffpunkt für, na, wie soll ich sagen?, Singles ab 12? Dabei war ich eigentlich immer so brav, dass ich vor etlichen sogenannten Singels sogar Angst hatte. Aber das Teufelskarussel war wirklich super, denn dort konnte man ja gruppenweise rauf. Und es macht enorm Eindruck auf den Angebeteten, wenn man den Sandsack als letzte ins Gesicht bekommt. Er weiß ja nicht, dass man nächtelang wach liegt und Treppen nur mit zusammengebissenen Zähnen steigen kann vor lauter Muskelkater. Es war bestimmt nicht der Erfolg auf dem Teufelsrad, aber einer von diesen Jungs hat mich später geheiratet.
Nächste Aera: man nutzt so ziemlich alles, was es auf der Dult gibt, außer die Stände ganz rechts am Platz. Denn kein 16- bis 20-jähriger braucht Kleiderschürzen, lange Unterhosen, Töpfe, Kopftücher, Hosenträger usw. Cool ist es, Enterprise zu fahren, sich im Taumler schütteln und sich die kitschigsten Rosen schießen zu lassen.
Mittlerweile kann ich komischerweise kein Karussell mehr betreten. Vor ein paar Jahren machte ich meine letzte Fahrt. Eine Einladung von meiner sehr großzügigen Chefin. Ach, wenn’s nichts kostet, so haben sie mich überredet. 36-jährig Todesängste ausstehend, infantil nach meiner Mutter rufend, brachte ich den Besitzer beinahe dazu, das Gerät abzuschalten. Seiner Loyalität den anderen Fahrgästen gegenüber habe ich wenigstens zu verdanken, dass ich mich nicht noch mehr (geht das überhaupt?) blamierte.
Aber eines gehörte in jeder Aera – mal mehr, mal weniger ausgeprägt – mal mit Limo, mal mit Radler, mal mit Bier (hoho!) dazu: das Bierzelt. Diese Stimmung! Da sag einer noch mal, die Deutschen können nicht lustig sein. Alt und jung vereint, singend, lachend vor einer Maß, einem Papier mit Emmentaler, einer Riesenbrezn und abgenagten Käserändern sitzend. Volksmusik, die Alten lachen vor Freude, die Jungen lachen (warum auch immer?) mit. Es passt einfach. Kollegen werden die besten Freunde, sogar Verwandtschaft feiert miteinander.
Aber eines müsste man abschaffen, die Schwingtüren am Bierzelt. Hier kommt nämlich eine böse Erinnerung zum Vorschein. Hab ich doch aus der Zeitung noch Zeilen im Gedächtnis, dass Benimmunterricht an den Schulen eingeführt werden soll. Liebe Lehrer, bitte nehmt im Lehrplan auf: „Halte niemals jemandem die Schwingtüre an einem Bierzelt auf!“ Ich, die es heute nicht einmal mag, wenn ein Mann mir die Autotüre aufmacht (hab doch selber Hände!), war immer schon der Meinung: Gleiches Benehmen für beide Geschlechter! Ergo, ich halte die Schwingtüre auf, mein Freund vor mir, irgendeiner hinter mir. Und just in dem Moment, als ich den Griff wieder loslassen wollte, übergibt sich der irgendeine über meine Hand. Bier und Käsebrocken! Dieser Geruch! Diese Mischung! Ich sage euch, es hat fast 12 Jahre gedauert, bis ich selbst diese Kombination wieder zu mir genommen habe.
Aber es gibt ja auch Fisch und Bier, Mandeln und Bier, Ottos Wurst und Bier, Hendl und Bier und und und.
Momentan ist mir das liebste ein Früchtespieß und eine Radlermaß im Bierzelt. Und was ich wirklich gut finde, ist, dass es im Bierzelt auch Musik für junge Leute gibt. So ist für jeden etwas dabei (auch für die Studenten, die sich ja mit der Aussprache der Gemuatlichkeit ein bisschen schwer tun).
Übrigens, meine vier Kinder sind in meinen verschiedensten Phasen gelandet, nur das Teufelsrad gibt es leider nicht mehr. Ich hoffe nur, dass sie trotzdem „unter die Haube“ kommen und ich auch noch mit Enkelkindern auf die Herbstdult gehen kann.
Hahnel sagt:
Ich fühlte mich zurückversetzt in meine unbekümmerte Zeit.
Heute gibt es keine Dultzeit mehr für mich und meinen Mann mit dem ich mich vor mehr als 40 Jahren bei der gro0en Uhr zufällig getroffen habe und zum Feuerwerk verabredet habe.
Dort hat es dann gewaltig gefunkt.
Eine Freude Ihren Beitrag lesen zu dürfen und dabei zu Träumen!
DANKE
26. August 2016 — 6:19