Ich liege am Strand, braungebrannt, Wellengeräusch, Sonne, blauer Himmel, eine kleine Brise.
Nach ein paar Tagen kommt sie, die Ruhe, die Gelassenheit, die Erholung und die Lust auf‘s Schreiben. Ich habe schon lange nichts mehr geschrieben, die Ruhe fehlt, die Muse.
Früher hatte ich nach 3 Tagen Urlaub Heimweh, jetzt kann ich genießen, merke, dass es etwas Zeit braucht, ehe die Ruhe einkehrt, die Erholung schleicht heran und man spürt sich wieder selbst.
Wir sind mit dem Campingbus auf dem Freigelände eines Campingplatzes. Das heißt, keine Grenzen, keine Einschränkung, unter Pinien ganz nahe am Meer. Trotz Urlaub habe ich meinen eigenen Rhythmus, der es schwierig macht, mit anderen Urlaub zu machen. Wer möchte schon um 6.00 Uhr aufstehen? Ich genieße es, es ist mein Rhythmus. Aufstehen, rein in die kurze Hose, bequeme Schuhe, raus auf den Strand und eine Stunde gehen. Die Sonne geht auf, Wellen rauschen und nur ein paar Läufer sind unterwegs. Ich sammle Federn und Holzstücke. Die Federn hängen vorm Zelt. Das ist mein Reich.
Dann gemütliches Frühstück im Vorzelt. Ich brauche kein Hotel, kein Buffet, ich will mich nach keinem richten, ich will nur ich sein.
Ich lese en Buch nach dem anderen, eines davon so emotional, dass ich hinter der Sonnenbrille versteckt weine.
Es ist noch früher Morgen, ich denke so ½ 9 (auch schön im Urlaub, dass ich keine Uhr brauche) und ich liege schon am Strand. Am Morgen ist das Meer am schönsten. Es kostet nur wenig Überwindung im noch frischen Wasser zu schwimmen. Wie klein ich doch bin in der Weite des Meeres. Ich habe entdeckt, dass ich mich ohne irgendeine Bewegung auf dem Rücken liegend ins Wasser legen kann. Die Ohren im Wasser bin ich abgeschottet von der Welt da draußen, eins mit dem Meer.
Neben uns ist gerade ein Vater mit einem vollen Bollerwagen angekommen. Kein Leiterwagen, also kein Bayer! Es ist schön zum Zuschauen, er packt aus. Man glaubt gar nicht, wieviel in so einen Bollerwagen reingeht, das ist das reinste Raumwunder. Mir kommt in den Sinn, dass er einen Keller ersetzen könnte. Also der Vater packt aus. Zuerst stellt er parallel zum Strand 4 Relaxstühle auf. Im rechten Winkel dazu kommen 4 Kinderstühle zum Stehen. So eine Art Regiestühle mit Armlehnen und Getränkehaltern, einer davon ohne, das Kind kann wohl sitzen, aber noch nicht alleine trinken. Dann werden auf den großen Stühlen Badetücher drapiert, die zwei linken farblich passend zu einem dort aufgestellten Sonnenschirm. Kurz schaue ich auf mein altes verblichenes Diddle Badetuch. Vor den Kinderstühlen stellt der Vater – oder ist er vielleicht nur der Depp vom Dienst – in einer Reihe 3 kleine Sonnenschirme auf. Daneben legt er zwei große aufge-blasene Schwimmreifen und steckt in die Mitte jeweils eine große Schaufel. Eine Tasche mit Spielzeug befestigt er an dem Sonnenschirm. Der Vater zieht ab. Alles ist bereit für die Familie, auf die wir jetzt schon richtig gespannt sind. Mein Mann vermutet, es sind zwei Familien mit je zwei Kindern. Die eine ärmer, weil die keine Schwimmreifen haben. Ich vermute, dass es doch eine Großfamilie ist mit 4 Kindern und Großeltern. Mal sehen, wird spannend. Ihr könnt ja mal mitraten.
Rechts von mir zwei Frauen mittleren Alters, die sich mit ihrem I-Phone selbst fotografieren und immer vergleichen, wer am bräunsten ist. Denke gerade dran, dass wir in unserer Jugend den Ausdruck „der is aber gscheit braun!“ verwendeten, wenn jemand als dümmlich hingestellt wurde.
Übrigens ist hier ein Rettungsschwimmer, der aussieht wie einer unserer Freunde, der Franz. Natürlich denke ich gleich, der ist genauso lustig und sympathisch wie Franz. Aber das Problem ist, dass Franz so gar nicht dem typischen Bild eines italienischen Rettungsschwimmers entspricht. Er ist eher der Typ eines skandinavischen Waldhüters, während seine Frau zuhause Muffins mit dem Staubsauger tötet.
Der Grund, warum ich hier schreibe, liegt auch darin, dass es so kuriose Leute gibt. Die will ich nicht vergessen.
Gestern ist eine Familie nachmittags an den Strand gekommen. Vater, Mutter, Tochter, Sohn. Außer der kleinen Tochter hatten alle außer der Badekleidung auch noch Halstücher um. Na gut, sie kamen aus dem Norden, der Blässe nach zu urteilen. Das Halstuch des Vaters war farblich passend zur Badehose.
Ich dachte mir, es hat 35°, warum ein Halstuch? Na ja, jedem das Seine. Als das Söhnchen aber dann mit dem Tuch als erster ins Wasser ging, kam mir das schon etwas komisch vor. Ich dachte, er hat vergessen es abzunehmen. Als aber dann Väterchen und Mütterchen ebenfalls betucht zu schwimmen begannen, fing ich zu grübeln an. Man sieht ja Menschen mit Hüten, mit Sonnenbrillen, mit Schuhen, mit Kappen und auch mit Kopftüchern im Wasser, warum aber in Gottes Namen mit Halstüchern? Was ist der Grund: finden sie es schick? Hatten alle drei eine Mandel-Operation und müssen den Hals kühl halten? Haben sie Halsweh und möchten den Hals warm halten? Haben sie Knutschflecken, aber doch nicht der kleine Junge? Jetzt greift die Mutter an das Halstuch vom Bubi. Merkt sie jetzt, dass sie vergessen haben, es abzunehmen? Nein, sie bringt es nur in die richtige Position. Der Vater beginnt zu kraulen, aber es sieht einfach nur so aus, wie wenn ein Halstuchträger krault.
So sehr ich auch meinen kriminologischen Verstand einschalte, ich verstehe es nicht. Auch als sie aus dem Wasser kommen, bleiben die Tücher dran. Ich möchte zu gerne fragen „warum?“. Aber Gott sei Dank bin ich deren Sprache nicht mächtig. Falls jemand des Rätsels Lösung kennt, helft mir!!
Ui, jetzt – mindestens 1 Stunde nach der Vorbereitung – sind am Bollerwagenplatz nebenan 2 Frauen mit 2 Mädchen aufgetaucht mit noch zwei Luftmatratzen, na ja, die hätten auch noch in den Kellerwagen gepasst. Jetzt sind auch 2 der Kinderstühle betucht. Ich denke, die zwei anderen Stühle gehören Jungen. Also nichts mit Großfamilie, zwei ganze normale Familien, deren Oberhäupter nur einen ausgeprägten Ordnungssinn haben.
Gestern abend habe ich eine(!) Mail an meine 4 Kinder und den Hund geschrieben. Ich kämpfe ja immer mit der automatischen Worterkennung vom i-Phone. Also habe ich es mit der Spracherkennung versucht. Ziemlich bescheuert, wenn man im Vorzelt wie in ein Diktiergerät spricht.
„An Eva: Juchu, du hast jetzt Ferien!“ Erkennung: Jochen hat jetzt Ferien.
„An Janosch: Dein Herrchen streichelt andauern fremde Hunde! (Ist ja nichts Neues, werdet ihr jetzt denken!) In der Spracherkennung gibt es kein Herrchen, auch kein Herrli, ja, wie soll ich ihn den sonst nennen „dein Halter“?!
Da ich genau wegen dieses schieren Kampfes mit dem I-phone nur 1 Mail an 4 Kinder gleichzeitig schreibe, aber 1 Mailadresse vergessen habe einzufügen, sichere ich den Entwurf. Dachte ich, ich war wohl zu schnell, habe nicht gesichert, sondern gelöscht.
Also nochmals von vorne! Aber es hat gelernt, es hat wirklich gelernt, mein i-phone kann denken. Es weiß jetzt, dass nicht Jochen Ferien hat, sondern der Juchhu! Und es kennt jetzt den Herrli!
Liebe Kinder, das ist der Grund, warum ich nicht mehr schreibe. Es ist einfach zu anstrengend für den Urlaub.
Ganz früher mochte ich noch Ansichtskarten schreiben, z.B. von einem 1-tägigen Klassenausflug vom Wolfgangsee an meine Eltern (ungefähr 1 ½ Stunde von zuhause entfernt!). Diese Karte kam 3 Jahre später zuhause an, weil ich nur Deutschland statt Bundesrepublik angegeben hatte.
Auch hatte ich mit einer Freundin mal sehr Spaß, als wir im gemeinsamen Dänemarkurlaub Karten nach Hause sandten. Mangels Sprachkenntnisse schrieben wir aus einer dänischen Anleitung für einen Wäschetrockner (wir hatten ein Ferienhaus) Sätze ab, die sich passend anhörten. Da war z.B. die Trockentemperatur angegeben, welche wir passend für die Außentemperatur hielten. Wie wir später erfuhren, ließ sich die Adressatin die Karte von einem Sprachkundigen übersetzen, na, der wird wohl gestaunt haben. Ob es ihr wohl peinlich war? Aus Frankreich schrieben wir Karten nach Hause, da haben wir auf einem Marktplatz einfach alle französischen Wörter von den Schildern zusammengefügt. War bestimmt nicht spaßig, von uns eine Karte zu bekommen. Also hab ich damit aufgehört.
Irgendwie wissen jetzt schon alle, dass ich keine Karten schreiben mag, ich hasse es. Ich habe keine Lust mit einer Französin ewig zu streiten, ob sie mir Briefmarken verkauft. (Da verhandle ich doch lieber mit einem spanischen Polizisten). Ich will keine Karten aussuchen und überlegen, wer eine bekommen soll, ich will zuhause keinen denken lasssen: „Ja, da wäre ich auch gerne!“
Gestern abends haben wir uns ein Kräuterschnapserl eingeschenkt. Ich heb das Glas und sag zu meinem Mann aus einem mir unerfindlichen Grund: „Prozess!“ Meine automatischen Worterkennung scheint nicht mehr zu funktionieren! Nachdem etliche Stechmücken im Zelt waren, haben wir noch kurzen Prost mit ihnen gemacht und sind dann schlafen gegangen. Beim Ausziehen bemerkte ich noch kurz:
„Mein Braun ist schon ganz bauch!“
Zuhause angekommen, landen die Federn in meiner Kräuterspirale. Sie werden mich immer an den schönen Urlaub erinnern.
Natascha sagt:
Es macht echt Spass deine Sachen zu lesen. Ja, ja die Spracherkennung !! Da haben alle zu kämpfen.
ich freu mich schon auf die nächste Geschichte !!
Natascha
11. Oktober 2013 — 8:11